Total vernünftiger Sportwagen. Echt jetzt!
Das Design des BMW i8 weist unübersehbar in die Zukunft. Auch mit der Technik dahinter will BMW neue Benchmarks setzen. Aber schafft dieses Hybrid-Konzept den Spagat zwischen Sportwagen und Ökologie?
Text und Fotos: Johannes Toth
Der deutsche Premium-Hersteller BMW schärft seinen Markenauftritt laufend in Richtung Sportlichkeit. Gleichzeitig entwickeln die Bayern aber auch sehr entschlossen seit mehr als einem Jahrzehnt in Hinblick auf geringeren Verbrauch und Ökologie.
Diese beiden Aspekte finden nun im ökologischen Sportwagen i8 ihren derzeitigen Höhepunkt. Der Begriff „ökologischer Sportwagen“ mag auf den ersten Blick zwar inadäquat klingen, trifft es aber bei näherem Hinsehen auf den Punkt. Die BMW-Testfahrer verbrauchen im ECE–Testzklus trotz einer Systemleistung von 362 PS nur 2,1(!) Liter Benzin auf 100 km.
Um diese Werte zu erreichen, hat man sich in München natürlich ein paar technische Schmankerln einfallen lassen. So bezeichnet zum Beispiel der bayrische Ausdruck „Life-Modul“ die Fahrgastzelle. Diese ist komplett aus dem Hightech Werkstoff Karbon gefertigt. Das bringt extreme Steifigkeit bei gleichzeitig stark reduziertem Gewicht auf 1.485 kg. Für den entsprechenden Vortrieb wiederum sorgen in diesem Hybridfahrzeug zwei getrennte Motoren. Vorne ein Elektromotor, der seine Kraft nur an die Vorderräder abgibt und hinten ein Verbrennungsmotor, der das Heck antreibt.
Daraus ergibt sich ein Allradantrieb, welcher zusammen mit dem niedrigen Schwerpunkt und der perfekten Achslastverteilung von 50:50 zu agilem und ausgewogenem Fahrverhalten führt. Denn eh klar geht die Kiste schneller als 250 und eh klar wird sie bei 250 abgeregelt. Aber richtigen Spaß hat man nicht beim Porsche jagen auf der Autobahn, sondern noch viel mehr beim Kurven jagen auf der Landstraße.
Die Freude an diesem Auto beginnt allerdings schon viel früher, noch weit vor dem Einsteigen. Schon die Außenhaut des Wagens bringt sämtliche Augen zum Leuchten. Die futuristische Linienführung ist gleichzeitig extravagant und ästhetisch, wobei sämtliche Fahrzeug-Details diesem Design-Konzept folgen.
Dadurch fällt der i8 auf und dadurch fallen auch die Insassen auf. Wobei wir verschiedene Interessensstufen unterscheiden durften. Die mutigen Zeitgenossen stellen Fragen zu diesem unbekannten Ding: „Gibt’s den zum Kaufen?“. Da wir ihn ja auch nicht gekauft haben, verkneifen wir uns: „Ja, wenn Du ihn bezahlen kannst!“ und geben freundlich Auskunft zu den technischen Details. Die noch Mutigeren wollen ein Foto machen. Und die übermutigen Übermütigen wollen sich sogar Reinsetzen.
Reinsetzen und Mitfahren wollen übrigens wirklich alle. Das beginnt beim kleinen Sohn eines Freundes: „Papa, den brauchen wir auch!“ und geht bis zu Schwiegermutter: „Willst auch Mitfahren?“ „Ja, aber bitte schnell!“. Na gut, der Dame kann geholfen werden.
Also dann, Flügeltüren aufschwingen, mit einem seitlichen Dreh gekonnt in die engen Sportsitze fallen lassen und Flügeltüren zuziehen. Das Aussteigen sollte man übrigens die ersten Male alleine in der Garage üben, um sich dann auch in der Öffentlichkeit elegant über den hohen Seitenschweller zu schwingen.
Die Sicht nach schräg hinten ist schlecht, aber dafür hat BMW uns eine Rückfahrkamera eingebaut. Der Blick in den Rückspiegel hingegen macht süchtig. Nicht wegen der vielen anderen Autos, die darin verschwinden, sondern weil – wenn richtig eingestellt – die hinteren Flossen des i8 sichtbar sind.
Auch innen ist dieser Wagen sehr schön gezeichnet. Überraschenderweise sind die Details dann aber leider doch nicht so sportlich wie wir vermutet hätten. Ein relativ kleiner Drehzahlmesser, der bei 6.500 mit dem roten Bereich beginnt, keine Motortemperaturanzeige und nur 6 Gänge für einen Sportwagen entäuschen etwas.
Sportwagengemäß allerdings die Ablagensituation. In den Türen gibt’s sowieso keine Fächer, – da würde beim Hochklappen gleich alles rausfallen – ein Handschuhfach wo genau diese reinpassen und ein kleines Behältnis in der Mittelkonsole. Und aus. Ein Becherhalter vorne und zwei hinten. Aber wer sollte die jemals benutzen? Wir würden jedenfalls keine Kinder mit flüssigem, klebrigem Zeugs nach hinten klettern lassen. Falls ein Erwachsener sich nicht vom Mitfahren in der engen, harten zweiten Reihe abhalten lässt, geht’s nur um Kurzstrecken: Been there, done that.
Wie sich eine ökologische Beschleunigung von 4,4 Sekunden auf Hundert anfühlt und wie der Verbrauch dann tatsächlich ausfällt, lesen Sie auf Seite 2.
Als Hybrid-Fahrzeug mit einer Systemleistung von 362 PS hat der i8 frontseitig einen Elektromotor verbaut, der die Vorderräder mit bis zu 131 PS und 250 Nm antreibt. Die im Mitteltunnel untergebrachte Lithium-Ionen Hochvolt-Batterie kann an der Steckdose geladen werden und macht den Wagen damit zum Plug-in.
Im rein elektrischen Fahrmodus beträgt die Reichweite laut BMW ca 30 km. Das haben wir zwar nicht ausgereizt, aber gefühlsmäßig waren die 8 Zellen der Akkus im Stadtverkehr bald leer. Geladen wird laufend auch durch Bremsenergierückgewinnung sowie je nach Fahrmodus über einen Elektrogenerator, der direkt am Benzinmotor platziert ist.
Ein TwinPower Turbo Benzinmotor sitzt vor bzw. auf der Hinterachse und überträgt via 6-Gang Automatikgetriebe 231 PS und 320 Nm auf die Hinterräder. BMW setzt hier einen 3-Zylinder mit 1.499 ccm ein. Ja, richtig gelesen. Damit sich das aber nicht so grausam anhört, wie es sich liest, packen die Bayern dem Winzling noch einen Soundgenerator drauf.
Auch hier wieder ein Spagat: Ökoauto und verstärkte Motorgeräusche? Macht uns aber nichts, klingt geil. Vor allem, wenn beim Runterschalten kurze Zwischengasstöße erzeugt werden. Und sowieso geht das Ding echt gut ab, liegt wegen des tiefen Schwerpunkts und trotz der verhältnismäßig schmalen Reifen ausgewogen auf der Straße.
Durch das intelligente Zusammenspiel der beiden Antriebe bleibt vor allem im Sportmodus kein Auge trocken. Kaum ist man aus einer Kurve raus, freut man sich schon auf die nächste: Vor dem Straßenschwenk zweimal mit den linken Schaltwippen runterklicken, einen Wimpernschlag warten, den Sound vom Zwischengas geniessen und mit dem richtigen Drehmoment in die nächste Biegung einlenken. Yessss!
Wenn wir nun als technikverliebte Jungs gerne auch die beiden Maschinen sehen wollen, die uns solche Freude bereiten, werden wir überrascht. Der Elektromotor ist wartungsfrei. Der Vorderwagen ist fix montiert und lässt sich nur in der Werkstatt öffnen. Der Benziner im Heck sitzt komplett verkapselt unter einer Abdeckung. Zum Öl-Nachfüllen müssen wir diese abschrauben.
Gleich hinter dem Mittelmotor ist der so genannte „Kofferraum“ lociert, mit immerhin 150 Liter Ladevolumen. Das reicht für die wichtigsten fünf Kreditkarten und den Kulturbeutel. Alternativ kann bei Louis Vuitton ein 4-teiliges Taschen-Set geordert werden, das auch den Platz auf den Rücksitzen optimal nutzt.
Und die Kosten? Da durch den extrem geringen Normverbrauch von 2,1 Liter und der CO2 Emission von 49 g/km keine NOVA anfällt, möchte der Händler nur 129.900,- EUR überwiesen bekommen. Mit ein paar nützlichen Kleinigkeiten zusätzlich ausgestattet wäre unser Testwagen um knapp 150.000,- käuflich zu erwerben.
Mit dem Normverbrauch ist das allerdings so eine Sache. Den erreichen nur komplett spaßbefreite Oberlehrer. Wir waren fast ausschließlich im Fahrmodus S wie Sport oder auch Spaß außerstädtisch unterwegs, und das bedeutet einen Wert eher oberhalb von 7-8 Litern auf Hundert km. Was unter dem Strich für diese Fahrleistungen aber trotzdem beachtlich ist.
Plus
+ atemberaubendes Design
+ grandiose Beschleunigung
+ trotz kleinem Dreizylinder coole Akustik
+ totaler Hingucker – wer´s mag
+ als Gesamtpaket gesehen gutes Preis/Leistungs-Verhältnis
Minus
– Mini-Kofferräumchen
– unfrisiert im alten Jogger Frühstück holen geht gar nicht mehr
– alle wollen mitfahren
– die schmalen Reifen sind ein optisches Manko
Resümee:
Mit dem BMW i8 ist es den Bayern wieder einmal gelungen, eine Benchmark zu setzen und gleichzeitig den Spagat zwischen Umwelt und Sportwagen zu schaffen. Der i8 ist zwar kein reinrassiger Supersportwagen, aber ein atemberaubendes Sportauto mit ökologischem Background zu einem fairen Preis.